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Vaterunser in Hieroglyphen?
Das Vaterunser in ägyptischen Hieroglyphen?

In einem Buch von 1870 gibt es tatsächlich eine Wiedergabe des bekannten christlichen Gebetes "Vaterunser" in Hieroglyphen:

The Lord's prayer in 250 languages and 180 forms of writing von Pietro Marietti,Wendell Jordan S. Krieg (Nachdruck v. 1870, ed. zu Rom)

Das Buch findet man
hier, indem man rechts oben das Ganze als PDF-Datei herunterladen kann. Nachzuschlagen wäre dann S. 319 (PDF-Bild 361).

Der Vollständigkeit halber seien noch die koptischen Texte auf den Seiten 32-33 (PDF 70-71; memphitisch und thebanisch) erwähnt.

Kann es aber sein, dass es zu einem christlichen Gebet aus dem Neuen Testament, d.h. nach der Zeitenwende noch einen hieroglyphischen Beleg gibt? Ist dieser Text womöglich aus einem demotischen rücktranskribiert worden? Gibt es demnach einen vorkoptischen, einen demotischen Beleg für ein authentisch geschriebenes Vaterunser oder Teile daraus oder Texte, welche ähnlich Passagen in einem anderen Zusammenhang haben und hernach in dieses Gebet übernommen worden sind, von wem auch immer? Besagtes Buch gibt leider keine Auskunft darüber. Ob dieser Text seriös bzw. zumindest in Teilen authentisch ist, lässt sich hier nicht sagen. Im Falle von neuen Erkenntnissen wird dieses nachgereicht.

So jedenfalls sieht der Text in diesem Buche aus:


Transkription:
[hoffentlich bald]
 
Die bekannteste deutsche Version lautet gem. Mt 6.9-13 so:

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme. 
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Die lateinische Vulgata-Version lautet übrigens so:
 

Pater noster, qui es in caelis:
sanctificetur nomen tuum.
Adveniat regnum tuum.
Fiat voluntas tua,
sicut in caelo, et in terra.
Panem nostrum supersubstantialem (cotidianum) da nobis hodie.
Et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris.
Et ne nos inducas in tentationem,
sed libera nos a malo.
Amen.

Die griechische Version lautet so:

Πάτερ ἡμῶν ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς·
Ἁγιασθήτω τὸ ὄνομά σου·
ἐλθέτω ἡ βασιλεία σου·
γενηθήτω τὸ θέλημά σου,
ὡς ἐν οὐρανῷ καὶ ἐπὶ γῆς·
Τὸν ἄρτον ἡμῶν τὸν ἐπιούσιον δὸς ἡμῖν σήμερον·
καὶ ἄφες ἡμῖν τὰ ὀφειλήματα ἡμῶν,
ὡς καὶ ἡμεῖς ἀφήκαμεν τοῖς ὀφειλέταις ἡμῶν·
καὶ μὴ εἰσενέγκῃς ἡμᾶς εἰς πειρασμόν,
ἀλλὰ ῥῦσαι ἡμᾶς ἀπὸ τοῦ πονηροῦ.

Zwei koptische* Versionen sehen so aus:

http://gospelgo.com/k/coptic_lp.jpg

* Koptisch ist bis heute liturgische Sprache in der ägyptischen Orthodoxen Kirche und stellt einen Nachkömmling des Altägyptischen dar, welches eben nur nicht mehr in Hieroglyphen sondern in einer griechischen Minuskelschrift geschrieben wird.

Maxim Panov, Ägyptologe aus dem russischen Novosibirsk, schreibt zur oben gezeigten Hieroglyhen-Übersetzung am 18.03.2014 folgendes: >>>

  "Das ist eine interessante pseudo-aegyptische-Quelle. Eine Fälschung. Das ist ein Versuch, den Text "Vaterunser" im 19. Jh. aus der Lingua Latina ins Ägyptische zu übertragen. Das Ziel des Verfassers sollte klar sein: Das Gebet ist so alt... Die alten Ägypter glaubten an jt=n "unseren Vater" als Gott nicht, das ist ihren Vorstellungen fremd.

j (oder hj) + Name + jt=j + die Bezeichnungen dieses Gottes.

  "O du 'Name', mein Vater, der ... ist". Das Wichtigste ist "mein" anstelle von "unser". Der Ägypter spricht von seiner eigenen Seite, nicht von der Seite der Gemeinschaft. Die Anrede "mein Vater" zum Gott gilt aber für den König, er ist Sohn dieses Gottes und das sind die Beziehungen zwischen Vater-Gott und Sohn-König. Der einfache Bewohner spricht zum Gott "mein Vater, dein Vater oder unser Vater" überhaupt nicht - die Anrede enthält den Namen des Gottes und seine Beiworte: "O Osiris, der Herr des...".


Nach alledem ist wohl klar, dass es nur ein "netter" Versuch war, vielleicht auch, um christliche Wertvorstellungen ins Alte Ägypten zu transferieren, was natürlich scheitern muss(te). Eine seriöse und wissenschaftliche Erkenntnis ist weder Quelle noch Ziel dieser Darstellung. Der Text ist also im ägyptologischen Kontext eine "echte Fälschung" bzw. eine unechte Pseudo-Quelle mit einem vielleicht gewissen propagandistischen bzw. missionarischen Hintergrund. Eine ernstzunehmende Quelle ist es gewiss nicht, allenfalls eine nicht ganz uninteressante Episode. Es zeigt aber zumindest, dass es immer wieder einmal Leute gab und gibt, die heute noch "moderne" altägyptische Texte verfassen, wozu natürich auch eine gewisse Leistung nötig ist. Den Wert socher Übersetzungen ins Hieroglyphische, ob nun klassische Sprachform oder jüngere, mögen Experten bewerten.

Hier sind noch weitere Beispiele zum "Vaterunser" in Hieroglyphen, die im Web zu finden sind:

http://gospelgo.com/k/hieroglyphic2_lp.jpg



http://gospelgo.com/k/hieratic_lp.jpg



http://gospelgo.com/k/demotic_lp.jpg


... und sogar in Keilschrift, wohl übersetzt ins Akkadische bzw. Babylonische oder gar ins noch ältere Sumerische, da die Form der Keilschriftzeichen noch ihre bildhaften Ursprünge erahnen lassen:


http://gospelgo.com/k/hieroglyphic_lp.jpg
 
 
   
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